8. Auf die Wintersonnenwende ausgerichtetes Grab

 Die archäoastronomische Analyse  von Dipl. Bauing. Richard Walker, Rifferswil ZH, vom November 2019 (siehe pdf unten) konnte nachweisen, dass die ursprüngliche Längsachse der beiden Menhire des Grabes mit grosser Wahrscheinlichkeit, d.h. mit geringer Abweichung, auf die Wintersonnenwende ausgerichtet war (Linie 140° Südost / 320°Nordwest). Für Grabausrichtungen in prähistorischer Zeit war die Wintersonnenwende im Jahreszyklus der wichtige Zeitpunkt des „Wiederkehrenden Lichts“ und damit ein Phänomen im Totenkult. Die Sonne und die Jahreszeiten hatten damals entscheidenden Einfluss auf das Überleben der Menschen. Diese orientierten sich mit Hilfe eines Horizont- oder Solarkalenders. Dazu genügte die Visur (geradlinige Sichtverbindung) vom eigenen Standort über die beiden Menhire zum Horizont. Beim ursprünglichen Bottisgrab konnte dieses astronomische Schauspiel um die Wintersonnenwende während mehreren Tagen am Südwest-Grat des Schwarzchopf beobachtet werden.

 

Man kann davon ausgehen, dass zur Zeit der Steinsetzung statt des heutigen Hochwaldes eine karge Gras- und Buschvegetation vorherrschte. Sichtkontakt vom ursprünglichen Bottisgrab zum Schwarzkopf war dadurch möglich. Auch in späterer Zeit gab es keinen durchgehenden dichten Hochwald. So wurde der Grauholz- und Sädelbachwald landwirtschaftlich genutzt. Ortsbezeichnungen wie Muniboden, Urtenengatter, Mattstettentürli und Tiermösli deuten darauf hin. 

 

Eine Observatoriumsfunktion wie etwa in Stonehenge (England) und in Newgrange (Irland) hatte das Bottisgrab aber nicht. Das Objekt war viel zu klein und ungünstig platziert, um eine entsprechend genaue Peilfunktion für einen Horizont- oder Solarkalender zu gewährleisten. Seine Bedeutung lässt sich am ehesten mit den zahlreichen nach Osten ausgerichteten («geosteten») alten christlichen Kirchen oder der muslimischen Mekka-Richtung vergleichen.

 

Beim Standort «Bottisacher» ist die Ausrichtung der beiden Menhire auf die Wintersonnenwende im Gelände noch besser nachvollziehbar (siehe Kartenausschnitt). Hier könnte, etwas südlich versetzt, diese wichtige Visur am selben Grat (nahe beim Schlupf) und mit geringer Anpassung des Azimutes rekonstruiert werden (siehe Foto). Auf diese Weise würde ein willkommenes archäoastronomisches Demonstrationsobjekt mit direktem Bezug zur ursprünglichen Menhir-Ausrichtung entstehen. Es könnte so auch einen wichtigen pädagogischen Zweck erfüllen. 

 

Siehe auch PDF: Megalithanlage Bottisgrab. Analyse möglicher archäoastronomischer Aspekte von Richard Walker.

 

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Standortvergleich Bottisgrab und Bottisacher, Plan Richard Walker. Karte ©swisstopo
Standortvergleich Bottisgrab und Bottisacher, Plan Richard Walker. Karte ©swisstopo
Sonnenaufgang Bottisacher 2021-01-24. Foto Bernhard Schweizer
Sonnenaufgang Bottisacher 2021-01-24. Foto Bernhard Schweizer